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Aktuell Jan 2022

VBS Floridsdorf – Bericht zum Gedenktag 27.01.2022

Digitale Abwehr gegen Verschwörungserzählungen und den Missbrauch von Symbolen des Holocaust

Die Vienna Business School begeht den Holocaust-Gedenktag am 27. Jänner mit Hilfe von Zoom und Switch – und unter Bezugnahme auf aktuelle Ereignisse.

Gedenken und Warnung. Am 27. Jänner 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz befreit, das sinnbildlich für die millionenfache systematische Ermordung von Juden durch das NS-Regime steht. Deshalb begehen wir diesen Tag als Holocaust-Gedenktag. Dass Gedenken und Warnung stets nah beieinander liegen, erkennen die Schülerinnen und Schüler der Vienna Business School während der Covid-Pandemie besonders deutlich: Der Missbrauch von Symbolen des Holocaust – etwa des sogenannten „Judensterns“ durch Personen, die damit gegen Covid-Maßnahmen demonstrieren –, sowie neue antisemitische Verschwörungserzählungen rund um die Pandemie zeigen einmal mehr, dass die Erinnerung an den Holocaust nicht nur geschichtlich-kulturell relevant, sondern zugleich eine Mahnung an die Zukunft ist.

Gedenken in Zeiten der Pandemie: Mit digitalen Instrumenten persönliche Wirkung erzielen. Als Beispiel für den Umgang mit dem Gedenktag an den sechs Standorten der Vienna Business School dienen die Projekte der VBS Floridsdorf. „Gerade in den vergangenen Monaten werden in sozialen Medien Vergleiche mit dem Holocaust gezogen“, berichtet Lehrer Mag. Stefan Lamprechter, der den Thementag leitet. „Unseren SchülerInnen wie auch uns ist wichtig, dass dieses Ereignis nicht verharmlost wird. Es gilt nicht zu vergessen und auch darum, die Tragweite dieses Ereignisses nicht falsch darzustellen.“

Zeitzeuge spricht via Zoom. Die Pandemie hat Gedenkveranstaltungen und persönliche Begegnungen mit ZeitzeugInnen schwierig gemacht. An der Vienna Business School Floridsdorf wird die Begegnung mit Hilfe des Videokonferenzdienstes Zoom realisiert: Im Vorfeld des Thementages, der von der ganzen Schule fächerübergreifend begangen wird, erzählt der berühmte Psychiater und Begründer der Systemischen Familientherapie, Harry Merl, 86, seine Geschichte als von den Nazis verfolgtes jüdisches Kind und beantwortet Fragen seiner jungen ZuhörerInnen. Der Schritt, über das Erlittene zu sprechen, ist Harry Merl anfangs nicht leichtgefallen, wie er in einem Interview für die Plattform erinnern.at erzählt: „Anfangs war die alte Angst da. Aber dann dachte ich: Nein, ich lass mich nicht mehr durch die Angst behindern. Und das war gut so.“ Merl ist ein Zeitzeuge aus Oberösterreich. Die Videokonferenz bedeutet für ihn „eine gute Möglichkeit Jugendliche in anderen Bundesländern zu erreichen.“ Den Schülern bedeutet diese seltene Möglichkeit des direkten Dialogs viel. „Es ist wichtig, damit man eine andere Perspektive auf die damalige Zeit bekommt“, sagt etwa Schüler Lukas Trecha. „Man kann sich nicht so richtig vorstellen, wie schlimm die Zeit für die Menschen damals war. Ich denke, dass man die Situation besser nachvollziehen kann, wenn ein Zeitzeuge darüber berichtet.“

In der Rolle der Verfolgten – zum Glück nur digital. Und was, wenn man selbst in die Rolle der Opfer des Holocaust schlüpft? Das wird durch den Einsatz moderner Technik ansatzweise möglich. „Computersimulationen über Apps oder Spielekonsolen geben den SchülerInnen nicht nur die Möglichkeit ZuseherIn zu sein, sondern aktiv einzugreifen“, erklärt Lehrer Stefan Lamprechter. „Sie treffen Entscheidungen und erleben zumindest digital die Konsequenzen ihrer Handlungen – vom passiven Beobachter zum aktiven Erleben, auch wenn dies gottseidank nur digital dargestellt wird. Mit modernen Instrumenten wie Switch kommen wir unserem Bildungsauftrag in einer Weise nach, die unsere Schülerinnen und Schüler in ihrer Lebenswelt abholt.“

Auch die SchülerInnen sehen dieser Erfahrung gebannt entgegen. „Ich erwarte mir, zu sehen, wie der Ablauf der Geschehnisse damals war“, sagt Schülerin Katrin Schmucker im Vorfeld, „und auch, dass wir uns besser in die Lage versetzen können und beizutragen, dass diese Dinge sich nicht mehr wiederholen.“

Gedenken auch „in echt“.  Viele Orte Wiens erinnern an den nationalsozialistischen Völkermord, dieser „Weg der Erinnerung“ kann betreten und erspürt werden. SchülerInnen der VBS Floridsdorf werden den 27. Jänner 2022 nützen, um an ausgewählten Plätzen Blumen hinzulegen und Kerzen zu entzünden. „Unser Weg wird uns von der Grabstelle der Kindereuthanasie-Opfer am Zentralfriedhof, über das Mahnmal für die Opfer vom Spiegelgrund und die neue Shoah Gedenkmauer im Ostarrichi-Park zurück in die Franklinstraße zur Gedenkstelle für die Opfer aus den Reihen der Lovara, Roma und Sinti führen“, erklärt die begleitende Lehrerin Mag. Marianne Krejci.

Flucht und Vertreibung aktuell. Und auch heutige Bezüge zu Flucht und Vertreibung will sie mit ihren Schülern herstellen: „Häufig taucht die Frage auf: Warum sind Ende der 1930er Jahre nicht mehr Menschen geflohen?“, weiß sie aus Erfahrung. „Haben sie nicht gesehen, was da auf sie zukommt? Tatsache war, dass viel mehr fliehen wollten als dann tatsächlich geflohen sind und die Flucht oft an fehlenden Papieren, mangelnden finanziellen Mitteln und aber auch an der restriktiven Aufnahmepolitik anderer Staaten scheiterte. Die Frage, die wir uns stellen wollen, ist: Wie gehen wir heute als Weltgemeinschaft unserer Verantwortung gegenüber Menschen in existentieller Bedrohung nach?“

Schülerinnen und Schüler der VBS Floridsdorf nutzen zum Holocaust-Gedenktag u.a. das GameLab der Universität Wien. Am 27. 01.2022 kommen die Learning-App “Fliehen vor dem Holocaust” und das Switch-Spiel „My Memory of
Us” zum Einsatz. Zeitzeuge Harry Merl spricht via Zoom mit acht Klassen der Schule.

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